Das Recht, ein
bestimmtes Familienwappen zu führen
Während im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794
noch einige Regeln zum Recht am Familienwappen enthalten waren, fehlt im
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, in Kraft seit 01.01.1900) ein ausdrücklicher
Hinweis. Die Gesetzeslücke wurde jedoch durch die obersten
Rechtsprechungsorgane (BGH) gefüllt, indem die grundlegende Vorschrift über den
Schutz des Namens (§ 12 BGB) in analoger Form auf den Rechtsschutz des
Wappens angewendet wird.
Im § 12 (Namensrecht) des BGB steht:
"Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem
anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch
verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann
der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung
klagen."
Wappen sind also
analog § 12 BGB gesetzlich vor Missbrauch geschützt. Der Schutz des
Wappens setzt allerdings voraus, dass das Familienwappen eine im Fachjargon
'individualisierende Unterscheidungskraft' aufweist und damit zur
namensmäßigen Kennzeichnung geeignet erscheint (BGH, Urteil vom 28.03.2002,
Az.: I ZR 235/99; BGHZ 119, 237).
Die (unberechtigte) "Nutzung" eines fremden Wappens im Sinne des BGB ist
nicht nur bei einer völlig identischen Übernahme, sondern auch bei einer nur
ähnlichen Wiedergabe gegeben, sofern diese die wesentlichen Merkmale des
Originals enthält und damit geeignet ist, auf den Berechtigten hinzuweisen
(vgl. OLG Hamburg, OLGE 3, 89; Staudinger/Weick/Habermann, BGB
(1995), § 12 Rdn. 222).
Die durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und
später des Bundesgerichtshofes anerkannte analoge Gleichbehandlung des
Rechtschutzes am Wappen mit dem Rechtsschutz am Namen scheint heute
gefestigte Rechtsüberzeugung (vgl. Soergel-Siebert, BGB, 11. Aufl. 1978, zu
§ 12, Anm. C III 7).
Niemand darf ein Wappen annehmen oder führen, das
von einem anderen Wappeninhaber geführt wird oder geführt wurde. Jeder führungsberechtigte Träger eines Familienwappens
hat gemäß § 12 BGB analog einen Unterlassungsanspruch gegen eine
andere Person oder Personengemeinschaft die das gleiche Wappen unberechtigt führt.
Der rechtmäßig Wappenführende kann die
Weiterführung untersagen und die Beseitigung sonstiger Beeinträchtigungen
seines Rechts verlangen und durchsetzen.
Die Annahme von Wappen einer ausgestorbenen Familie ist
streng untersagt. Hierbei würde fälschlich der Eindruck geweckt werden, als
stamme der das Wappen Neuannehmende / Führende direkt von der Familie ab,
die dieses Wappen führte.
Vielfach werden Familienwappen bei heraldischen
Organisationen zum Eintrag in eine Wappenrolle eingereicht, die
zu Familien mit gleichlautendem Nachnamen gehören. Sollte in Wappenbüchern ein Wappen mit dem eigenen Familiennamen gefunden werden, so
berechtigt dies nicht automatisch zur Führung dieses Wappens. Bei Vorlage eines alten Wappens zur Eintragung in die
Wappenrolle muss der Antragsteller grundsätzlich die Abstammung von
einem führungsberechtigten Mitglied der das Wappen führenden Familie
belegen. Schriftliche Beteuerungen und der Hinweis auf verlorene
Unterlagen genügen hier nicht.
Eine Wappenprüfung ist keine Glaubensangelegenheit. Erst nach Erbringung des genealogischen Nachweises, dass
tatsächlich ein Verwandtschaftsverhältnis besteht, darf das entdeckte Wappen
gegebenenfalls geführt werden.
Nach dem althergebrachten Wappenrecht werden Wappen grundsätzlich im
Mannesstamm weitergegeben. Damit dürfen auch die Töchter des
Wappenträgers das Wappen führen und im Falle ihrer Heirat auch weiterführen.
Es darf jedoch grundsätzlich nicht vom Ehemann und den Nachkommen der
Töchter geführt werden, da diese nicht zum Mannesstamm der wappenführenden
Familie gehören. Sie führen dafür das Wappen der Familie des Ehemannes.
Dubiose Unternehmen, die man auch als „Wappenhändler“
bezeichnen kann, verkaufen in oft betrügerischer
Absicht alte Wappen ausgestorbener Geschlechter an Familien mit gleich
oder ähnlich lautendem Namen oder suchen aus Wappenfibeln Wappen heraus, obwohl keine nachweisbaren Verwandtschaftsverhältnisse
bestehen. Potentielle Kunden werden entweder angeschrieben, telefonisch oder
auf Messen kontaktiert und die Geschichte eines Ahnenforschungsprojektes
aufgetischt, von der die Kunden betroffen seien. Um das Märchen noch ein bisschen
auszuschmücken, wird häufig auch gern von adeligen Vorfahren gesprochen.
Häufig erhält der Kunde nach Zahlung eines erhöhten Geldbetrages ein
Wappenbuch mit Wappenbild, Wappenbeschreibung, einigen erfundenen
Familienchroniken und realen aber allgemeinen Geschichtsdaten. Im Anhang
befindet sich dann noch eine aus einer internationalen Telefonrecherche
stammenden Aufstellung von Personen gleichen Familiennamens (bei der
sicherlich der eine oder andere Verwandte entdeckt wird) und soll die Echtheit
des Wappenbuches noch untermauern.
Beginnt der stolze
Wappenbesitzer (der natürlich in Wahrheit gar berechtigt ist das Wappen zu
führen) später
einmal selbst Forschungen anzustellen, muss er schnell feststellen, dass das Wappen
nichts mit ihm und seiner Familie zu tun hat und auch die Familiengeschichte
dazu erlogen ist.
Es soll angeblich daraufhin auch schon vorgekommen sein, dass einige dieser Opfer
versuchten, die Führung des hinzugedichteten Wappens durch die Eintragung in eine
anerkannte und seriöse Wappenrolle trotzdem nachträglich zu legalisieren.
Annerkannte Wappenausschüsse durchschauen derartige Schwindeleien
natürlich sehr schnell und lehnen diese Versuche konsequent ab.
Bei neugestifteten Wappen steht dem Wappenstifter ohne besondere Erklärung
die Führungsberechtigung zu. Dieses gilt bei Familienwappen nicht nur für
den Wappenstifter, sondern auch den Familiennamen fortsetzenden Nachkommen.
Die Führungsberechtigung der Nachkommen gilt nicht erst nach dem Ableben
des Wappenstifters durch
Vererbung, sondern vom Zeitpunkt der Wappenstiftung an.
Nach alten (aber nicht gesetzlich festgeschriebenen)
Grundsätzen ist die genealogische Stammfolge für die Wappenführung
maßgeblich. Der Wappenstifter kann aber unter Umständen auch die Führungsberechtigung
über den Kreis seiner eigenen Nachkommen hinaus ausdehnen. In diesem Falle
empfiehlt es sich, zusammen mit der Wappenstiftung auch eine so genannte 'Wappensatzung'
zu erlassen. |
Wappensatzung
Wappensatzungen werden eigentlich nur von einigen Gemeinden und Landkreisen erlassen,
können aber auch von jeder natürlichen Person mit Nutzungsrecht für ein
Familienwappen erstellt werden.
Ziel der Wappensatzung soll sein, die Darstellung, Verwendung und Führung
des Wappens zu regeln. Das Recht zur Führung eines Wappens ergibt sich
zwar schon aus § 12 BGB, kann hier aber explizit beschrieben, beschränkt
oder ausgeweitet werden.
Auch Beschränkungen bezüglich der Verwendung des Wappens (Veröffentlichung,
Wiedergabe, etc) können hier festgelegt werden. Beispiel einer
Wappensatzung:
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Satzung über das Wappen der Familie
Matthias Braune und dessen Verwendung (Wappensatzung)
vom 10.08.2003
Der Wappenführungsberechtigte
Matthias Braune (geb. 00.00.1968), wohnhaft 28844 Weyhe erlässt folgende
Satzung:
§ 1 Wappenbeschreibung
(1) Der schrägrechts geteilte silber-blaue Wappenschild enthält folgende
Symbole:
- oben ein silber bewehrter, rot gezungter schreitender brauner Bär,
- unten ein silberner Maueranker dessen Enden als gekrönte
Schlangenköpfe auslaufen.
(2) Für das Metall Silber wird im Farbdruck Weiß verwendet.
(3) Für die im Farbdruck zu verwendenden Farben Blau, Braun und Rot
bzw. die Schwarz-Weiß-Darstellung des Wappens sind die in der
Niedersächsischen Wappenrolle unter xxx aufbewahrten Reinzeichnungen
maßgebend.
§ 2 Führungsberechtigung
(1) Die Berechtigung das Wappen zu führen obliegt
a) dem Wappenstifter Matthias Braune geb. 1968 in Bremen
b) die den Familiennamen des Wappenstifters
fortsetzenden Nachkommen
§ 3 Verwendung des Wappens
(1) Das Recht zur Wappenführung umfasst jegliche Verwendung des Wappens
a) als Siegel und Siegelring
b) auf Drucksachen
c) auf elektronischen Medien (Internet, Speichermedien etc.)
(2) Die Verwendung des Wappens, insbesondere kommerzieller Art, durch
andere als unter § 2 genannte Stellen, bedarf der Zustimmung eines
Wappenführungsberechtigten ab der Volljährigkeit.
(3) Eine Verwendung des Wappens zu heraldisch-wissenschaftlichen Zwecken
durch die Niedersächsische Wappenrolle (bereut durch den Verein 'Zum
Kleeblatt') und die Deutsche Wappenrolle (betreut durch den Verein
'Herold') wird gestattet.
§ 4 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 01.09.2003 in Kraft.
Weyhe, den
10.08.2003
Matthias
Braune |
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Quellen:
www.familienwappen-wappenkunst.de
www.wappenkunde-niedersachsen.de Niedersächsische Wappenrolle
www.zum-kleeblatt.de
Agathe Kaiser/Erich D. Linder, Familiengeschichte und Wappenkunde, 1994,
Battenberg Verlag, Augsburg
Arndt, Jürgen: Der Wappenschwindel, 1997, Neustadt an der Aisch
Ottfried Neubecker, Heraldik - Wappen Ihr Ursprung, Sinn und Wert, 2002, Orbis
Verlag, München
Walter Leonhard, Das Grosse Buch der Wappenkunst, 2000, Weltbild Verlag,
Augsburg
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