Deutsches Wappenrecht

Die Annahme und das Führen von Wappen ist bei Bürgern bereits seit dem 13. Jahrhundert nachgewiesen. Zu früheren Zeiten existierte zum Tragen eines Wappens bindendes Recht. In unserer Zeit hat sich das Wappenrecht zu einem Gewohnheitsrecht entwickelt. In der Bundesrepublik Deutschland werden heute zwei Rechtsansprüche hinsichtlich der Führung eines Wappens unterschieden: 

  • das Recht, überhaupt ein Wappen führen zu dürfen und 

  • das Recht, ein bestimmtes Wappen zu führen.

Das Recht, ein Familienwappen zu führen
Grundsätzlich kann in Deutschland jede natürliche Person ein Wappen führen. Dies gilt für Personen die ein Familienwappen aus väterlichem Stamm durch familiäre Zugehörigkeit annehmen wollen, aber auch für Personen die bisher kein eigenes Wappen geführt haben und ein Familienwappen neu stiften (also kreieren) wollen. 
Das Recht zur Annahme eines Wappens steht jeder rechtsfähigen Person zu und bedarf keiner behördlichen oder gerichtlichen Mitwirkung. Das gesamte Wappenrecht beruht nämlich in erster Linie auf dem Gewohnheitsrecht und wird nicht explizit per Gesetz geregelt. 
Es gibt jedoch die Analogie des § 12 BGB bei der die
Rechtsfolgen des Namenschutzes auf den Schutz des Wappens übertragen wird. Auf dieses Thema wird im folgenden Abschnitt näher eingegangen. 

 

Das Recht, ein bestimmtes Familienwappen zu führen
Während im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 noch einige Regeln zum Recht am Familienwappen enthalten waren, fehlt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, in Kraft seit 01.01.1900) ein ausdrücklicher Hinweis. Die Gesetzeslücke wurde jedoch durch die obersten Rechtsprechungsorgane (BGH) gefüllt, indem die grundlegende Vorschrift über den Schutz des Namens (§ 12 BGB) in analoger Form auf den Rechtsschutz des Wappens angewendet wird.

Im § 12 (Namensrecht) des BGB steht:
"Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen."

Wappen sind also analog § 12 BGB gesetzlich vor Missbrauch geschützt. Der Schutz des Wappens setzt allerdings voraus, dass das Familienwappen eine im Fachjargon 'individualisierende Unterscheidungskraft' aufweist und damit zur namensmäßigen Kennzeichnung geeignet erscheint (BGH, Urteil vom 28.03.2002, Az.: I ZR 235/99; BGHZ 119, 237). 
Die (unberechtigte) "Nutzung" eines fremden Wappens im Sinne des BGB ist nicht nur bei einer völlig identischen Übernahme, sondern auch bei einer nur ähnlichen Wiedergabe gegeben, sofern diese die wesentlichen Merkmale des Originals enthält und damit geeignet ist, auf den Berechtigten hinzuweisen (vgl. OLG Hamburg, OLGE 3, 89; Staudinger/Weick/Habermann, BGB (1995), § 12 Rdn. 222).

 

Die durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und später des Bundesgerichtshofes anerkannte analoge Gleichbehandlung des Rechtschutzes am Wappen mit dem Rechtsschutz am Namen scheint heute gefestigte Rechtsüberzeugung (vgl. Soergel-Siebert, BGB, 11. Aufl. 1978, zu § 12, Anm. C III 7).

Niemand darf ein Wappen annehmen oder führen, das von einem anderen Wappeninhaber geführt wird oder geführt wurde. Jeder führungsberechtigte Träger eines Familienwappens hat gemäß § 12 BGB analog einen Unterlassungsanspruch gegen eine andere Person oder Personengemeinschaft die das gleiche Wappen unberechtigt führt. Der rechtmäßig Wappenführende kann die Weiterführung untersagen und die Beseitigung sonstiger Beeinträchtigungen seines Rechts verlangen und durchsetzen. 
Die Annahme von Wappen einer ausgestorbenen Familie ist streng untersagt. Hierbei würde fälschlich der Eindruck geweckt werden, als stamme der das Wappen Neuannehmende / Führende direkt von der Familie ab, die dieses Wappen führte.

Vielfach werden Familienwappen bei heraldischen Organisationen zum Eintrag in eine Wappenrolle eingereicht, die zu Familien mit gleichlautendem Nachnamen gehören. Sollte in Wappenbüchern ein Wappen mit dem eigenen Familiennamen gefunden werden, so berechtigt dies nicht automatisch zur Führung dieses Wappens. Bei Vorlage eines alten Wappens zur Eintragung in die Wappenrolle muss der Antragsteller grundsätzlich die Abstammung von einem führungsberechtigten Mitglied der das Wappen führenden Familie belegen. Schriftliche Beteuerungen und der Hinweis auf verlorene Unterlagen genügen hier nicht. 
Eine Wappenprüfung ist keine Glaubensangelegenheit. Erst nach Erbringung des genealogischen Nachweises, dass tatsächlich ein Verwandtschaftsverhältnis besteht, darf das entdeckte Wappen gegebenenfalls geführt werden. Nach dem althergebrachten Wappenrecht werden Wappen grundsätzlich im Mannesstamm weitergegeben. Damit dürfen auch die Töchter des Wappenträgers das Wappen führen und im Falle ihrer Heirat auch weiterführen. Es darf jedoch grundsätzlich nicht vom Ehemann und den Nachkommen der Töchter geführt werden, da diese nicht zum Mannesstamm der wappenführenden Familie gehören. Sie führen dafür das Wappen der Familie des Ehemannes. 

Dubiose Unternehmen, die man auch als „Wappenhändler“ bezeichnen kann, verkaufen in oft betrügerischer Absicht alte Wappen ausgestorbener Geschlechter an Familien mit gleich oder ähnlich lautendem Namen oder suchen aus Wappenfibeln Wappen heraus, obwohl keine nachweisbaren Verwandtschaftsverhältnisse bestehen. Potentielle Kunden werden entweder angeschrieben, telefonisch oder auf Messen kontaktiert und die Geschichte eines Ahnenforschungsprojektes aufgetischt, von der die Kunden betroffen seien. Um das Märchen noch ein bisschen auszuschmücken, wird häufig auch gern von adeligen Vorfahren gesprochen. 
Häufig erhält der Kunde nach Zahlung eines erhöhten Geldbetrages ein Wappenbuch mit Wappenbild, Wappenbeschreibung, einigen erfundenen Familienchroniken und realen aber allgemeinen Geschichtsdaten. Im Anhang befindet sich dann noch eine aus einer internationalen Telefonrecherche stammenden Aufstellung von Personen gleichen Familiennamens (bei der sicherlich der eine oder andere Verwandte entdeckt wird) und soll die Echtheit des Wappenbuches noch untermauern. 
Beginnt der stolze Wappenbesitzer (der natürlich in Wahrheit gar berechtigt ist das Wappen zu führen) später einmal selbst Forschungen anzustellen, muss er schnell feststellen, dass das Wappen nichts mit ihm und seiner Familie zu tun hat und auch die Familiengeschichte dazu erlogen ist. 
Es soll angeblich daraufhin auch schon vorgekommen sein, dass einige dieser Opfer versuchten, die Führung des hinzugedichteten Wappens durch die Eintragung in eine anerkannte und seriöse Wappenrolle trotzdem nachträglich zu legalisieren. Annerkannte Wappenausschüsse durchschauen derartige Schwindeleien natürlich sehr schnell und lehnen diese Versuche konsequent ab.

Bei neugestifteten Wappen steht dem Wappenstifter ohne besondere Erklärung die Führungsberechtigung zu. Dieses gilt bei Familienwappen nicht nur für den Wappenstifter, sondern auch den Familiennamen fortsetzenden Nachkommen. Die Führungsberechtigung der Nachkommen gilt nicht erst nach dem Ableben des Wappenstifters durch Vererbung, sondern vom Zeitpunkt der Wappenstiftung an. 
Nach alten (aber nicht gesetzlich festgeschriebenen) Grundsätzen ist die genealogische Stammfolge für die Wappenführung maßgeblich. Der Wappenstifter kann aber unter Umständen auch die Führungsberechtigung über den Kreis seiner eigenen Nachkommen hinaus ausdehnen. In diesem Falle empfiehlt es sich, zusammen mit der Wappenstiftung auch eine so genannte 'Wappensatzung' zu erlassen.

 

Wappensatzung 
Wappensatzungen werden eigentlich nur von einigen Gemeinden und Landkreisen erlassen, können aber auch von jeder natürlichen Person mit Nutzungsrecht für ein Familienwappen erstellt werden.
Ziel der Wappensatzung soll sein, die Darstellung, Verwendung und Führung des Wappens zu regeln. Das Recht zur  Führung eines Wappens ergibt sich zwar schon aus § 12 BGB, kann hier aber explizit beschrieben, beschränkt oder ausgeweitet werden.
Auch Beschränkungen bezüglich der Verwendung des Wappens (Veröffentlichung, Wiedergabe, etc) können hier festgelegt werden.

Beispiel einer Wappensatzung:

   

 

Satzung über das Wappen der Familie Matthias Braune und dessen Verwendung (Wappensatzung)

vom 10.08.2003

Der Wappenführungsberechtigte Matthias Braune (geb. 00.00.1968), wohnhaft 28844 Weyhe erlässt folgende Satzung:

§ 1 Wappenbeschreibung
(1) Der schrägrechts geteilte silber-blaue Wappenschild enthält folgende Symbole:
- oben ein  silber bewehrter, rot gezungter schreitender brauner Bär,
- unten ein silberner Maueranker dessen Enden als gekrönte Schlangenköpfe auslaufen.
(2) Für das Metall Silber wird im Farbdruck Weiß verwendet.
(3) Für die im Farbdruck zu verwendenden  Farben Blau, Braun und Rot bzw. die Schwarz-Weiß-Darstellung des Wappens sind die in der Niedersächsischen Wappenrolle unter xxx aufbewahrten Reinzeichnungen maßgebend.

§ 2 Führungsberechtigung
(1) Die Berechtigung das Wappen zu führen obliegt
a) dem Wappenstifter Matthias Braune geb. 1968 in Bremen
b) die
den Familiennamen des Wappenstifters fortsetzenden Nachkommen

§ 3 Verwendung des Wappens
(1) Das Recht zur Wappenführung umfasst jegliche Verwendung des Wappens
a) als Siegel und Siegelring
b) auf Drucksachen
c) auf elektronischen Medien (Internet, Speichermedien etc.)
(2) Die Verwendung des Wappens, insbesondere kommerzieller Art, durch andere als unter § 2 genannte Stellen, bedarf der Zustimmung eines Wappenführungsberechtigten ab der Volljährigkeit.
(3) Eine Verwendung des Wappens zu heraldisch-wissenschaftlichen Zwecken durch die Niedersächsische Wappenrolle (bereut durch den Verein 'Zum Kleeblatt') und die Deutsche Wappenrolle (betreut durch den Verein 'Herold') wird gestattet.

§ 4 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 01.09.2003 in Kraft.
 

Weyhe, den  10.08.2003

Matthias Braune

 

   

Quellen:
www.familienwappen-wappenkunst.de
www.wappenkunde-niedersachsen.de   Niedersächsische Wappenrolle
www.zum-kleeblatt.de
Agathe Kaiser/Erich D. Linder, Familiengeschichte und Wappenkunde, 1994, Battenberg Verlag, Augsburg
Arndt, Jürgen: Der Wappenschwindel, 1997, Neustadt an der Aisch
Ottfried Neubecker, Heraldik - Wappen Ihr Ursprung, Sinn und Wert, 2002, Orbis Verlag, München
Walter Leonhard, Das Grosse Buch der Wappenkunst, 2000, Weltbild Verlag, Augsburg